• Blut-Tetralogie   Dark Space

schaldek

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Wieder mal eine kleine Schreibübung, die ich innerhalb einer Stunde zu dem titelgebenden Begriff ersponnen und geschrieben habe. Und natürlich noch etwas nachjustiert heute...;)

Das Kartenspiel


„Lass mich mal wieder“, kicherte Joss vor sich hin.
„Bitte lass mich mal, jetzt, ja?“
Luke lief das Zeug aus der Nase und es wurde nicht besser, indem er lachte und lachte.
„Du verschluckst Dich ja eh da dran, also gib!“
Vor dem Couchtisch kniend, riss Joss dem noch immer hustenden Luke die Flasche aus der Hand.
Er starrte dumpf auf deren schäumenden Inhalt.
„Drei Schluck also. Du hast zwei, ich nehm drei.“
„Das … ist Dein Todesurteil“, keuchte Luke heraus. Er schaukelte sich mit hochrotem Kopf auf dem Sofa und schaute zur Seite, wie Joss das Zeug in sich hinein kippte.
„Joss McBrody!“
„Oh! Joss! Joss!“ rief Luke hastig und wieder ganz bei sich.
Der riss die Flasche von sich – eine Menge der Flüssigkeit lief ihm über sein Star Wars T-Shirt.
„Mama“, sagte er vollkommen tonlos.
Nach zwei großen Schritten stand sie neben ihm und gab Joss eine satte Ohrfeige.
Joss fing an zu weinen.
„Ja, heul doch“, schrie sie ihn an. „Du hast auch allen Grund dazu! Das ist der Grappa Deines Urgrossvaters, klar?
Die Flasche ist über dreissig Jahre alt, verdammt!“
Luke versuchte aufzustehen, aber es klappte nicht so gut.
„Sorry, Ms Plentry; ich glaube, ich muss echt nach Hause, klar?“
Joss Mama schubste Luke leicht an, der sofort auf die Couch fiel.
„Du bleibst gefälligst da, wo Du bist. Klar?! Ich werde euch beiden jetzt eine Lektion erteilen, die ihr nicht mehr vergesst!“
Joss wand sich halb am Boden liegend, halb sitzend, hin und her.
„Mama, es tut mir leid. Ich-“
„Ihr zwei habt das jetzt ein für alle mal verdient!“ zischte sie herrisch und ging Richtung Wohnzimmerkommode.
Darin kramend, schnaufte sie kühl und berechnend.
"Ich habe für solche Fälle ein Spiel. Ihr spielt doch gern Karten, oder?"
„Mama, ich will jetzt kein UNO spielen!“
„Das hier ist kein UNO Spiel, Joss!“ Ms Plentry war wieder an den Couchtisch getreten und hielt ein altes Kartenspiel hoch.
„Oh, gibt’s jetzt Strip Poker?“, kicherte Luke plötzlich.
Ms Plentry holte die Karten aus der alten Lederverpackung. „Dafür bist du noch nicht alt genug, Luke! Oder spielt ihr sowas in der Schule?“
„Mama, du bist so peinlich! Das spielen die Jugendlichen in den höheren Klassen.“
„Und ihr seid in welcher Klassenstufe, Joss?“
Kleinlaut antwortete Luke, der sich über die plötzlich noch etwas lautere Stimme
von Joss` Mutter erschrocken hatte.
„Fünfte.“

„Das Spiel geht so. Ihr spielt gegeneinander um den Sieg.“, nickte Ms Plentry beiden abwechselnd zu.
„Der, der gewonnen hat, hat gewonnen. Du Luke, indem ich Deiner Mutter nichts von all dem hier erzähle.
Ich werde ihr sagen, Du bliebest nach einem langen BBQ über Nacht bei uns. Wenn Du verlierst, sag ich ihr, was Du tatsächlich angestellt hast.“
Mit bösem Blick sah sie Joss nun an. „Mein Junge.“ sagte sie nach einer ganzen Weile Stille.
„Wenn Du gewinnst, dann erzähle ich Deinem Papa, der der Enkel seines italienischen Opas war, nichts von dem, was hier geschah und ich werde die Flasche verschwinden lassen.“
Joss hatte begonnen zu weinen. „Aber das wird Papa doch weh tun.“
Stumm schüttelte seine Mutter die Flasche, die nahezu leer war und Joss schwieg wieder.
„Ihr werdet nun gegeneinander Karten spielen, klar?“
Beide schnauften und richteten sich auf, als Ms Plentry sorgfältig die Karten verteilte.
„Du bekommst eine Hälfte, du die andere. Jeder hat jetzt 32 Karten.“
Beide nahmen ihren Stapel reaktionslos in die Hand. Arglos blickte Luke hoch.
„Und was spielen wir jetzt? Ich kann doch kein Poker, Ms Plentry."
„Keine Sorge, Luke. Das wird auch nicht vonnöten sein. Es ist eine pädagogisch
wertvolle Aufgabe. Du Joss“, wandte sie ihren Blick belehrend auf ihren müde drein blickenden Sohn.
„Du wirst mir mit diesen Karten da ein schönes Kartenhaus bauen. Aber Du, Luke Mantis, wirst die Karten vor Dir aufessen. Und zwar alle.“
„Mama!“, rief Joss laut. „Das geht doch nicht!“
Luke hatte sich auf seinen Stapel geworfen und schluchzte bitter vor sich hin.
„Mama, das geht doch wirklich nicht!“
Ms Plentry setzte sich in den Sessel hinter sich und faltete die Arme vor sich zusammen.
„Luke, wenn Du es schaffst alle Karten zu essen, bevor Joss sein Kartenhaus aufgebaut hat,
hast Du gewonnen. Andersrum, wenn Du, Joss Dein Haus fertig hast, ehe Luke sich übergeben hat, hast Du gewonnen.“
Dann sagte Ms Plentry nichts mehr. Die beiden Jungs sahen sich mit trüben, verheulten Augen an.
Luke wand sich immer wieder von den Karten ab, während er flüchtig Joss zusah, der - kaum zwei Karten aneinander gestellt habend, das nächste Paar vor sich umklappen sah.
Luke schüttelte sich, als er einen kleinen Stapel Karten nahm und herzhaft reinbiss.
Sein Gesicht verzog sich zu einer bizarren Maske. Er kaute und wollte sich einen weiteren Stapel reinstopfen, den er in der Hand hielt.
Joss hatte nun bereits vier Paare Karten nebeneinander aufgestapelt, als er komische Geräusche gegenüber des Couchtisches wahrnahm.
Verspeichelte Kartenstücke klatschten ihm an Stirn, Wange und Hals und Luke gegenüber ihm reierte, was das Zeug hielt.
Joss konnte sich nicht freuen. Es wurde ihm so übel, wie nie zuvor. Kotze fuhr in ihm hoch;
eine Menge davon und sie ergoss sich über das äußerste Paar seines Kartenhausfundamentes, das vom Tisch heruntergespült wurde. Beide machten Laute, die sie nicht vergessen sollten.

„Mama, kannst Du jetzt bitte das Licht ausschalten?“
„Aber klar.“, sagte Ms Plentry mit ruhiger Stimme.
Luke erhob sich matt und blass. „Aber wieso hat jetzt Joss nicht gewonnen, Ms Plentry!?“
„Keiner von Euch hat gewonnen, Luke. Ihr habt harten Alkohol getrunken, das ist Strafe genug. Und ich wollte euch einfach nur erschrecken, damit ihr den so schnell wie möglich wieder loswerdet. Und nie im Leben hätte ich gedacht, dass Du die Karten essen würdest, Luki.“ Wie erschossen kippte Luke auf das Kopfkissen und schlief ein.
Joss war schon längst im Land der Träume.
Morgen dann, dachte sich Ms Plentry, hätten die beiden noch Einiges sauber zu schrubben.
Das würde ihnen hoffentlich Lehre genug sein.
Sie schob eine Wärmeschlange vor die geschlossene Wohnzimmertür, die heute nur als Geruchsbarriere diente, setzte sich in die Küche und trank die in die Jahre gekommene Grappaflasche in einem Ansatz leer. Danach öffnete sie eine Flasche Portwein, die sie ebenfalls austrank. Dabei dachte sie an Joss, der seine Lektion – im Gegensatz zu ihr – nun wohl gelernt haben musste.

ENDE
 
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