• Blut-Tetralogie   Dark Space

Dorsch Nilson

aka Beipackzettel
Sprechprobe
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Hi!

ich möchte euch erklären, wie ihr sehr günstig und schnell auch eine Semiprofessionelle Abhöre (also die Boxen und den Raum mit denen / in welchem ihr eure Hörspiele mischt) kalibrieren könnt, so dass ihr ein wesentlich objektiveres und oft auch geileres Klangbild bekommt. Es lohnt sich!

Da ich mich kürzlich für eine Albumproduktion verpflichtet hatte, habe ich etwas Geld gespaart um mir mal richtige Studiomonitore zu kaufen, Also Profiboxen die alle Frequenzen möglichst gleichlaut darstellen und sie sehr präzise im Stereofeld positionieren. Mit meinen 600€ ging ich also, nachdem ich im Netz schon zahlreiche Testberichte studiert und Ratschläge eingeholt hatte, zu Just Music wo ich mir drei Stunden lang in einem gigantischen Showroom sämtliche Monitorsysteme mit zig verschiedenen Musikbeispielen durchgehört habe, und mich darüber mit einem sehr netten Verkäufer ausgetauscht habe. Danach war ich stolzer Besitzer zweier Adam F5, klein aber oho! :)
Die Dinger auf meinem Schreibtisch aufgebaut, schaltete ich sie voller Vorfreude ein und sie klangen ... wie eine Coladose :weinen: Was war passiert? Die große Ehrlichkeit und Linearität der Boxen hatte vor allem dazu geführt, dass die akustischen Schwächen meines Zimmers so richtig schön deutlich zur Geltung kamen, die waren mir vorher noch gar nicht so aufgefallen. Na toll!
Drei Songs von dem Album hatten wir bereits mit dem Profi gemeinsam in dessen Studio gemixt, wo wir sie auch aufgenommen hatten und ich wollte nun da weiter machen wo wir aufgehört hatten. Dort klangen die Mixe obergeil, bei mir nicht. Ich lud den Ohrenblicker zu mir ein, der hörte sich die Dinger an und fachsimpelte, "Du hast hier krasse stehende Wellen im oberen Bassbereich, Du musst Dir Akustikelemente ins Zimmer bauen, vielleicht ne Bassfalle in die Ecke und Absorber an die Decke".
Nö, kein Bock, keine Kohle, und schließlich wollte ich in dem WG-Zimmer ja auch noch wohnen. Ein kleines Tool zum Sinuswellenmachen bestätigte Jens' Behauptung, bei 178 Hz glaubte man plötzlich die Wände fallen um. Mist. Dann viel mir ein, dass man ja so schwächen des Raumes auch mit einem Equalizer kompensieren kann. Ist zwar nicht das selbe wie ein Raum mit optimierter Akustik, aber viieeeel einfacher zu realisieren. Also lieh ich mir von einem Freund ein Messmikro und besorgte mir eine großartige Software.

Ich benutze


  • Die Software IK ARC System 2. ARC bedeutet Advanced Room Correction. Für Kaufempfehlungen dürft ihr mich gern per PN anschreiben.
  • Ein Messmikro - eigentlich sieht die Software vor, dass man das Hauseigene Mikro verwendet, was sicherlich optimal ist, aber deren Behauptung man könne kein anderes Messmikro benutzen ist eine Werbelüge :) Ich hab mir das ECM8000 von einem Freund geliehen und ganz hervorragende Ergebnisse bekommen. selbiges bekommt man für unter 50€ beim Thomann.

Das Handbuch führt einen Schritt für Schritt durch den Vorgang wie man seine Abhöre einmisst, ganz leicht und es dauert nur ein paar Minuten, danach kann man das mitgelieferte ARC Plugin in jede dafür geeignete DAW am Ende des Masterkanals einschleifen, evtl. auch in einigen Mediaplayern.

Ich kann nur sagen, der Unterschied ist gigantisch. Die Mixe klingen wieder genau so geil transparent und fett wie in dem Profistudio wo wir aufgenommen hatten, nix mehr Coladose, man hört jede Stecknadel fallen, und die guten Adams klingen so wie ich sie aus dem Showroom in erinnerung hatte.

und ARC kann noch mehr! Es simuliert alternativ zur Linearen Ausgabe auch verschiedene Abhörsysteme wie Hifianlagen, Autoiradios, PC oder Laptopspeaker und anderes

So eine Optimierung lohnt sich nicht nur bei hochwertigen studiomonitoren, im gegenteil, gerade wenn man mit Hifiboxen oder der gleichen arbeitet lohnt es sich erst recht deren Schwächen so gut es geht auszugleichen.

Es schickt beim einmessen sogenannte Sweeps über die Lautsprecher, das sind kurze Laute bei denen ein Sinuston in Windeseile von 20 bis 20000 Hz aufsteigt, das klingt wie "Sweep", nur viel ekliger, und das Messmikro nimmt diese Laute auf. Man nimmt dabei für eine Messung mindestens 7, max. 16 Klangproben an verschiedenen Stellen im Raum, einer einfachen Anleitung folgend. Das ARC-Plugin erstellt dann eine sehr hochwertige Equalizereinstellung mit einem Negativ dieser Messkurve, so dass alle Unebenheiten im Frequenzgang des Systems (einschl. des Raumes) aus dem Signal entfernt werden. Man muss nur dran denken, dass man zum Bouncen/Rendern/Asuspielen das plugin abschaltet, denn die Raumkompensation will man natürlich nicht mit im Mix haben.
Das Programm korrigiert natürlich nur den Frequenzgang des Raumes, stöhrende Halls und Echos des Raumes kann es natürlich nicht entfernen, da helfen dann nur Akustikelemente.

Liebe Grüße
Nils
 
AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

Erstmal herzlichen Glückwunsch zu den neuen Monis. Damit wirst Du sicher noch lange Freude haben!


Ich selbst habe mich auch einige Zeit mit der Optimierung meiner Abhöre beschäftigt und so ist mir auch das ARC Produkt geläufig.
Das IK ein eigenes Messmikro anbietet kann auch technische Gründe haben. Hier mal ein Meßplott von 85 ECM8000. Selbst bei dem von mir verwendeten Programm zur Messung der Akustik gibt es ein Kalibrationsfile mit dem man den Frequenzgang des ECM800 an das Programm (REW) anpasst. Deshalb Vorsicht, es ist durchaus möglich, dass ARC auf das Messmikrofon kalibriert ist! Da wäre also noch Luft nach oben!

Dann gibt es da einen Punkt den ARC leider nicht verbessern kann, den Zeitbereich! ARC senkt oder erhöht lediglich einige Frequenzen, die zuvor im Messgang ermittelt wurden und zwar nur an der Position wo sich das Mikrofon sich befindet.

Die Ursachen für diese Erhörungen und Absenkungen sind unter andern Raummoden. Eine Raummode ist eine Art Echo, das nur in einem relativ engen Frequenzbereich auftritt. Die entsprechende Frequenz wird aufgrund der Geometrie des Raumes hin und her geworfen und kann durch exakte bzw. ähnliche Phasenlage zur Erhöhung der Lautstärke im Frequenzbereich X führen (bis zur Verdopplung der Lautstärke oder mehr*). Ist die Phasenlage des „Echos“ mit der Frequenz X gar um 180Grad verschoben, ist an der Position Y Frequenz X theoretisch nicht mehr hörbar, wenn Mode und Direktschall gleich Laut sind!

Problematisch sind aber hier (ARC) Erhörungen und zwar besonders im Bassbereich. Da ARC nicht das „Echo“ Mode bekämpfen kann, wohl aber dessen Lautstärke, sind alle Transienten mit der Frequenz X mit einem Echo versehen (also verschmiert).

Denk Dir eine laute Bassnote mit Frequenz X und dann kurz darauf die Gleiche Note nur kürzer und leiser... Du würdest die zweite Note lauter spielen/mastern als es sein müsste, andere würden gar nur eine Note hören.
Nicht falsch verstehen, ich will Dir ARC nicht madig machen, sicherlich ist es besser als nichts zu tun, nur hat das ARC Konzept auch Schwächen über die man auch mal reden kann denke ich.
Richtig geil wird es, wenn Du die lautesten Moden mit Absorbern bekämpfst und ARC für das Fine-Tuning benutzt. Doch dann kann eine Art Ehrgeiz geweckt werden und eh Du Dich versiehst, hast Du doch ein halbes Tonstudio mit Absorbern und Defusern gebaut :)


just my 2 cents

*Edit: liegen mehrere Moden dicht beieinander erhöht sich Lautstärke nochmals und das Echo zur Frequenz X kann sich noch weiter verlängern.
 
Zuletzt bearbeitet:

Dorsch Nilson

aka Beipackzettel
Sprechprobe
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AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

@Badda, weißt Du zufällig, ob es eine Möglichkeit gibt unter Windows das ARC-Plugin mit irgend einem Mediaplayer zu verwenden? Die Player die ich drauf hab unterstützen weder VST, noch RTAS noch AU.
 
AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

Hiermit dürfte das gehen. Damit umgehst du auch das Problem ARC immer ausschalten zu müssen, wenn du renderst und nicht den Cubase Control Room nutzt. Das ist ein "virtuelles Audiokabel" mit VST Schnittstelle. Wenn du wüsstest welche Frequenzen ARC beeinflusst und du stattdessen einen EQ nimmst und diese Frequenzen dann überträgst, wäre ARC obsolet ;-)

Kann foobar2000 nicht auch Vst einbinden?
 

Paul

Wertentwender
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AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

Das ist eine spannende Sache, die ich gerne demnächst probieren möchte. Wäre es dabei nicht auch möglich, mit meinen Mikrofonen so einen Test zu machen? Also mit dem Zoom H2 oder dem Rode NT1A? Oder sind diese nicht geeignet?
 

whoami

Mitglied
AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

Hallo,

theorethisch ist solch eine Messung mit jedem Mikrofon möglich. Was dabei aber nicht vergessen werden sollte ist, dass jedes Mikrofon auch einen eigenen Klangcharakter aufweist. Sprich jedes Mikrofon hat schon für sich gewisse Frequenzen, die es besonders hervorhebt und andere weniger stark ausgeprägt abbildet. Diese Ungenauigkeiten im Übertragungsmaß bzw. Frequenzspektrum beeinflussen dann natürlich auch maßgebend das Messergebnis mit.
Messmikrofone haben den Anspruch ein möglichst lineares Übertragungsmaß/Frequenzspektrum zu haben.

Hilfreich?

Grüße
 

Erdie

Der düstere Herrscher
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AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

Eigentlich wollte ich mich nicht einmischen aber jetzt kann ich es doch nicht lassen:

Fakt ist: Ich halte persönlich absolut nichts von derartigen Methoden.

Begründung:

1. Jede lineare Abweichung im Frequenzraum ist das Ergebnis von Resonanzeffekten. Mit anderen Worten: An den Stellen, wo es zu Überhöhungen und Auslöschungen kommt, tritt zusätzlich eine Eigenschwingverhalten auf, dass durch lineare Entzerrung (was da Tool macht) nicht kompensiert werden kann. Es werde also mitnichten den Fehler des Raumes neutralisiert, nur ein Teil davon

2. Wie Badda schon sagt, es entstehen Raumnoden, Resonanzeffekte durch Reflextionen an den Wänden. Die sich daraus entwickelnden Maxima und Minima sind extremst abhängig von der Abhörposition im Raum. Eine Entzerrung funktioniert dann nur exakt an dem Ort, an dem gemessen wurde. Bewegt man sich nur wenige Zentimeter davon weg, kann sich ein völlig anderes Bild ergeben. Das geht soweit, das sich die Entzerrung an einem anderen Ort sogar destruktiv auswirken wird. Je stärker die Überhöhungen sind, desto schärfer die Übergänge zu den Auslöschungen. Man müßte also den Kopf festnageln. Wer will das?

3. Die Verzerrungen (also Hall), die ein Raum erzeugt, sind nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich variant. Die Entzerrung kann beides nicht kompensieren. Man will den Leuten weißmachen, das es funktioniert. Es wird alles verkauft, wofür sich ein Käufer findet. Vielleicht kann man eine kleine Verbesserung erreichen, mehr aber nicht. Wenn Ihr mich fragt: Laßt Euch nicht das Geld aus der Tasche ziehen. Dann lieber an der Bedämpfung und der Diffusion des Abhörraumes schrauben, das lohnt eher. Wenn das Tool funktionieren würde, dann gäbe es auch Tools die Raumhall aus Aufnahmen entfernen könnten, aber die gibt es leider nicht.
 

Corlanus

Cutter - zur Zeit in Auszeit
AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

(...)Wenn das Tool funktionieren würde, dann gäbe es auch Tools die Raumhall aus Aufnahmen entfernen könnten, aber die gibt es leider nicht.
*Räusper*
Da muss ich Dich korrigieren, die gibt es doch.
Google mal nach den Stichwort "De-Reverb" .
Mehrere Hersteller bieten bereits entsprechende Software an.
Als Beispiel mag das hier dienen:
http://www.zynaptiq.com/unveil/
https://www.izotope.com/en/products/audio-repair/rx/features/#dereverb
http://spl.info/produkte/analog-coder-plug-ins/microplugs/de-verb.html
http://www.dyvision.co.uk/reverbremover.html

Einige von den Herstellern sind auch nicht ganz unbekannt.
Wie gut das allerdings funktioniert, mag jeder selbst beurteilen.
Ich habe es selber noch nicht ausprobiert...
 

Erdie

Der düstere Herrscher
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AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

*Räusper*
Da muss ich Dich korrigieren, die gibt es doch.
Google mal nach den Stichwort "De-Reverb" .
Mehrere Hersteller bieten bereits entsprechende Software an.
Als Beispiel mag das hier dienen:
http://www.zynaptiq.com/unveil/
https://www.izotope.com/en/products/audio-repair/rx/features/#dereverb
http://spl.info/produkte/analog-coder-plug-ins/microplugs/de-verb.html
http://www.dyvision.co.uk/reverbremover.html

Einige von den Herstellern sind auch nicht ganz unbekannt.
Wie gut das allerdings funktioniert, mag jeder selbst beurteilen.
Ich habe es selber noch nicht ausprobiert...

Hehe, was es nicht alles gibt. Die Praxistauglichkeit ist aber einen Beweis schuldig. Wie sehen doch schon beim Entrauschen, das es eine Kücke ist. Und Entrauschen ist eine weniger anspruchsvolle Sache als das Entfernen von Halleffekten.
 
AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

Das ist eine spannende Sache, die ich gerne demnächst probieren möchte. Wäre es dabei nicht auch möglich, mit meinen Mikrofonen so einen Test zu machen? Also mit dem Zoom H2 oder dem Rode NT1A? Oder sind diese nicht geeignet?

Hey Paul,

leider sind das beides Nieren (Druckgradientenmikrofone) und diese sind für Messungen des Bassbereichs nicht geeignet (siehe Wiki Akustische Besonderheiten des Druckgradientenmikrofons). Schon mit dem billigsten Superlux Meßmikro bekommst du bessere Ergebnisse.

Erdie schrieb:
Eine Entzerrung funktioniert dann nur exakt an dem Ort, an dem gemessen wurde. Bewegt man sich nur wenige Zentimeter davon weg, kann sich ein völlig anderes Bild ergeben.
Ich hab das wirklich mal gemacht, nur anders herum. Ich habe viele Messungen gemacht und dabei Boxen und Mikro verschoben, dann ausgewertet und dort wo sich das günstigste Modenverhalten befand war meine Abhörposition und nur dort ;-) .Gerade bei tiefen Frequenzen sind 2-3 cm schon mal relativ drastisch!
Wenn man einen breiten Sweetspot will braucht man zwingend Absorber und Diffusoren.
 

Paul

Wertentwender
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AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

Danke für die Hinweise!
 

Dorsch Nilson

aka Beipackzettel
Sprechprobe
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AW: [Cuttertip] Abhöre einmessen - ganz einfach und sehr sehr nützlich

Sicherlich ist es nicht optimal, aber zu Erdies 2. Punkt: Mit ARC misst man extra an 7-16 Positionen, Symetrisch verteilt um den bevorzugten Abhörplatz, das Programm ermittelt dann die optimale kompensation für den ganzen Raumbereich. Ich kann nur sagen, dass es definitiv eine deutliche Verbesserung macht bei mir, wenn es auch sicherlich keinen akustisch optimierten Raum ersetzen kann. Ist halt auch immer die Frage wie viel Zeit, Aufwand und Geld man investieren möchte und kann. Ich hab nur dieses eine Zimmer zum leben und möchte es von der Atmo her nicht komplett in eine Abhöre verwandeln, indem ich mir überall Akustikelemente hinbaue, ich lebe sowieso schon zu sehr in meiem Arbeitsplatz :) Darum ist ARC für mich ein sehr geiler Kompromiss.

@Badda, Danke für den Tip mit dem virtuellen Audiokabel, ich glaub das besorg ich mir mal.
 
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