Marie

Elfchen
Sprechprobe
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AW: Dramaturgische Notwendigkeit statt normativem Lehrsatz

Find ich auch sehr spannend, die Fragestellung. Ich glaube, anteilhaft ist das auch eine Geschmacksfrage. Ich persönlich finde zu viele Handlungsstränge sehr anstrÄNGend. Haha, kleiner Wortwitz, der aus einem Rechtschreibfehler entstand... egal. :lach:

Im Ernst: Ich bin eher die Art Hörerin, die eine klare Linie bei einer Geschichte mitverfolgt, anstatt immer hin und her zu springen. Ich hab ohnehin schon Probleme mit zu vielen Charakteren, weil ich die oft schnell durcheinander würfele, wenn sie nicht wirklich SEHR markante und unterschiedliche Stimmen haben. Wenn dann aber noch der Plot so verschachtelt ist, dann ist es bei mir leider sehr schnell vorbei.

Nur ein kleines Beispiel: Ich habe bis heute das Hörspiel "Die Bilder der Ahnen" (Nummer 23 aus der Gruselkabinett-Reihe) mehrfach gehört, aber nicht einmal wirklich richtig verstanden. Die Erzählung beginnt auf der aktuellen Ereignis-Ebene, dann wird eine Geschichte erzählt in der eine Geschichte erzählt wird, dann wieder zurück zur aktuellen Ebene, dann wieder eine Geschichte, die noch VOR der in der Geschichte erzählten Geschichte stattgefunden hat... puh. Also, am Ende wusste ich nie, wer nun wen umgebracht und wer nun deswegen verflucht war und wer nicht. VIEL zu kompliziert für mich. Aber andere haben das Hörspiel ja offensichtlich erfolgreich angehört, wie die Rezensionen auf Amazon vermuten lassen. :laechel:

Meine Regel würde also eher lauten: Tu, was sinnvoll ist und lass weg, was die Geschichte nicht fördert. Eine Geschichte zu schreiben, nur um verwickelte Handlungsstränge zu haben, ist nicht sinnvoll. Eine Geschichte zu haben, die mehrerer Handlungsstränge bedarf, sollte dann auch so abgebildet werden. Und darüber steht für mich immer: Alles so einfach wie möglich gestalten, ohne dabei z.B. den Spannungsaufbau zu mindern.

Und ein stückweit zählt auch noch rein, wieviel Erfahrung (oder Talent) der Autor hat. Manch einer kann eben gut auch komplizierte Handlungsverläufe abbilden und ein anderer eben nicht. Das ist zu einem Großteil auch Übungs- und Erfahrungsssache.
 

reduktor

Krachmacher
AW: Dramaturgische Notwendigkeit statt normativem Lehrsatz

@ Marie: Versuch mal 1001 Nacht zu lesen ;-)

Ich hab's vor Jahren versucht und bin nicht sehr weit gekommen. In der Rahmenhandlung werden Geschichten erzählt. So weit so gut. Aber in jeder dieser Geschichten erzählt jemand eine Geschichte in der jemand eine Geschichte erzählt und dann noch eine zweite in der dann aber auch wieder eine Geschichte erzählt wird usw. usw.

Immer wenn eine Geschichte vorbei ist muss man sich erst orientieren, in welcher Geschichte man sich jetzt befindet.

Ich habe dabei vollkommen den Überblick verloren und habe vom ersten Band nicht mal die Hälfte geschafft...
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Dennoch bin ich auch für komplexe Handlungen zu haben. Dass dann die Spielzeit in die Länge gezogen wird ist klar, muss aber nicht problematisch sein. Aber der Autor sollte schon erfahren genug sein - ein Anfänger wird das kaum bewältigen können wenn er nicht gerade ein super Naturtalent ist...

Die Lösung liegt in jedem Fall in der Reduktion. Charaktere oder Beziehungen zwischen Chakteren sollten nur so weit erklärt werden, wie es für den Hauptplot auch eine Bedeutung hat.
Manchmal hat eine Geschichte Längen, die notwendig sind damit die Handlung verständlich bleibt. Um so komplexer die Story ist um so vorsichtiger muss man damit sein. Wenn es zu viele Längen gibt wird es langweilig. Vieles lässt sich mit einem Satz innerhalb der Haupthandlung erklären. Nicht alles muss ausgewalzt werden.

Der Rest ist Geschmackssache.
 

Karpatenhund

Karpatenhund
"Die Bilder der Ahnen" kenne ich nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass zeitliche Sprünge / Rückblenden das Ganze noch einmal eine Spur herausfordernder machen als reine parallel laufende Nebenhandlungen.

Beim Film sind Rückblenden ja manchmal speziell eingefärbt, was dem Zuschauer mit einem Blick zeigt: Wir sind gerade/noch/wieder in der Rückblende. Beim Hörspiel ist Ähnliches nur bedingt möglich. Wenn es mehrere Rückblenden gibt, könnte man vielleicht immer dieselbe Hintergrundmusik verwenden, die dann als akustisches Signal vom Hörer wiedererkannt werden. Aber das macht auch nur dann Sinn, wenn alle Rückblenden in derselben Zeit spielen. Gestaffelte Rückblenden oder Rückblenden in Rückblenden lassen sich durch so etwas auch nicht verständlich vermitteln.

Frage ist natürlich auch, ob das Hörspiel den Hörer gezielt desorientieren und verwirren will. Das Hörspiel "Montana oder eine seltsame Schleife" beispielsweise aus der MindNapping-Reihe (Folge 9) schlägt ständig Kapriolen zwischen Vergangenheit und Gegenwart und vermischt außerdem noch eine fiktive Filmebene mit einer realen Handlungsebene. Das war den Machern sicherlich schon sehr bewusst, was sie da dem Hörer an 'Mindscrew' zumuten. ^^
"Die Schwarze Sonne" andererseits springt zwar auch ständig wild zwischen Orten und Zeiten, gibt sich aber (finde ich) stark Mühe, den Hörer immer schnell darüber aufzuklären, wo (und wann) er sich gerade befindet.

Grundsätzlich denke ich aber, dass - eine gewisse Sorgfalt in Arrangement und Umsetzung vorausgesetzt - parallele Handlungsstränge allein noch nicht zwingend zu einer Verwirrung des Hörers führen.
 
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Sascha Kiss

ehemals aarom
Sprechprobe
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AW: Zu viele (Neben) Erzählstränge verderben das Hörspiel (?)

Ich persönlich finde Hörspiele mit interessanten Nebensträngen dann besonders spannend, wenn diese anfangs scheinbar gar nichts miteinander zu tun haben, sich aber im Laufe des Hörspiels oder gar zum Ende miteinander verweben. Dann kann man nämlich das Hörspiel noch einmal hören und zwar aus einem ganz anderen Blickwinkel. Das muss aber sehr gut und pfiffig gemacht sein, damit mich das anspricht. Und es dürfen auch durchaus mehrere augenscheinlich voneinander unabhängige Handlungsstränge sein. Bisher ist mir noch kein Hörspiel untergekommen in dem mir die Anzahl unabhängiger Geschichten in der Geschichte übel aufgestoßen ist.

Das Hörspiel "Bilder der Ahnen" würde ich aufgrund der Vielschichtigkeit mit der Art wie "Inception" konzipiert ist vergleichen. Darunter stelle ich mir eine Zwiebel vor in der jede Schicht einen Erzählstrang abbildet. Wohingegen andere Erzählweisen mit mehreren Strängen aus meiner Sicht eher netzartig aufgebaut sind (dafür habe ich gerade kein Beispiel parat). Das ist auch eher meine persönliche Einschätzung und diese Vergleiche stammen nicht aus einem Lehrbuch :D

Einfache Geschichten mit nur einem Handlungsstrang sind dann spannend, wenn sie nicht zu vorhersehbar sind. Wahrscheinlich haben sich aus dem Grund Geschichten mit mehreren Handlungssträngen über die Jahre etabliert. Alte Muster wurden abgelegt weil die daraus resultierenden Geschichten zu durchschaubar und dadurch langweilig geworden sind.

Aber konkret würde mich wirklich ein Hörspiel interessieren das durch die Fülle von Erzählsträngen als unattraktiv, überladen und Negativbeispiel anzusehen ist. Hat da jemand einen Tipp?
 
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