AW: Schreibblockaden
Die Kotz-Methode: Gegen die Angst vorm weißen Blatt hilft es mir manchmal, einfach drauflos zu schreiben, was mir im Kopf rumspukt. Meistens lade ich dann bollerige Gedanken ab, schimpfe rum und merke nach einer halben Seite, dass ich eigentlich viel mehr Lust habe, das zu schreiben, was ich mir vorgenommen hatte.
Voodoo: Manchmal kann ich nicht anfangen, weil mich jemand im Kontext der Aufgabe genervt oder eingeschüchtert hat. Für diese Fälle habe ich ein kleines Püppchen und schöne lange Stecknadeln.
Eine Was-mach-ich-hier-ich-kann-das-nicht Blockade löst sich bei mir mit einer Dämonenfütterung. Das ist eine tibetische Meditationstechnik, bei der man das Monster visualisiert und ihm gibt, was es braucht. Dann macht es ein Nickerchen oder geht seiner Wege und ich kann in Ruhe schreiben. Je nach Monster habe ich so schon Blockaden in zehn Minuten gelöst, die mich früher Tage gekostet hätten.
Die Wie-soll-ich-diese-riesige-Recherche-auf-3.000-Zeichen-verdichten Blockade löse ich meist durch einen Wechsel des Arbeitsplatzes. Statt stumpf auf meinen Monitor zu stieren, setze ich mich mit dem ganzen Gelump ins Bett oder in die Kaffeewirtschaft, gucke alles nochmal durch, skizziere die Struktur, markere die wichtigsten Passagen, mach mir Notizen und huch, es fließt ja schon.
Paradoxe Intervention: Wenn ich mich dabei erwische, dass ich mich drücke, indem die Küche ja unbedingt gewischt werden will und überhaupt muss ich jetzt dringend einen Kuchen backen, dann überlege ich mir bewusst, was ich jetzt tun könnte, um auf keinen Fall in die Gefahr zu kommen, zurück an den Schreibtisch zu gehen. Das Haus verlassen, sehr gut. Geld ausgeben, ins Kino gehen, jemanden anrufen, mit dem ich garantiert drei Stunden zu quatschen habe. Sowas. Schreiben? Den Teufel werd ich tun. Das übertreibe ich dann ordentlich und wenig später hab ich Sehnsucht nach meinem Schreibtisch und geh wieder dran.
Belohnungs-Trick: Ich stelle mir vor, was mir Wunderbares widerfahren wird, wenn ich fertig bin. Wie sich meine Liebsten freuen, wenn ich endlich Zeit für sie habe. Wie ich draußen rumstapfe, mich von der Abendsonne streicheln lasse und innerlich triumphiere, guter Text, saubere Arbeit, Klasse!
Mindmap gegen den Respekt vor komplexen Zusammenhängen: Ich tapeziere meinen Arbeitsraum mit A0-Sheets und knalle alles drauf, was mir einfällt. Schön durcheinander, bloß keine Reihen bilden. Mein Hirn kann neue Bezüge finden, nichts geht verloren, außerdem komme ich dabei auch körperlich in Schwung und schüttele die Lethargie ab. Dann Bereiche priorisieren, Reihenfolge nummerieren und fröhlich beginnen.
Diplomatischer Austausch mit dem inneren Blockwart: Oft sind es Kleinigkeiten, die mich am Schreiben hindern. Steuererklärung. Termin bei der Krebsvorsorge machen. Vermieterin anrufen. Fiese kleine Hindernisse, die ich so erfolgreich verdrängt habe, dass ich eine Weile brauche, um zu merken, dass mich ein inneres Verbot "Geht erst, wenn..." am Schreiben oder auch Gestalten hindert. Das ist verhandelbar. Und wenn etwas wirklich wichtiger ist, dann muss ich es eben vorher erledigen.
Elevator-Talk. Klingt nach Werbergewäsch, ist aber gar nicht so dumm. Formuliere Inhalt und Ziel in ein bis drei Sätzen. Sag es laut. Glaubst Du Dir selber? Wenn nicht, passt was net. Rausfinden, was fehlt oder stört.
Hosen runterlassen: Es gibt unter Schreibern einen Aberglauben, dass sie nicht darüber sprechen dürfen, solange eine Idee noch nicht ausgereift und zu Papier gebracht ist. Auch die Angst vorm Ideenklau lässt gute Ansätze in der Schublade verrotten. Da mach ich mir keinen Kopf mehr drum. Wenn mich eine Idee nicht loslässt, ich sie aber nicht zu Papier kriege, dann erzähle ich einer Person meines Vertrauens davon. Die bringt neue Aspekte rein oder killt mir auch mal einen Furz im Hirn. Nicht alles, was ich schreiben möchte, ist publikationswürdig. Oft bin ich einfach sehr privat in ein Klischee verliebt, das höchstens fürs Tagebuch taugt. Auch gut, wenn ich den Unterschied begriffen habe, kann ich damit umgehen. Ich liebe mein Tagebuch.
Ach ja, die Sachen in der Schublade... Maßnahmen gegen die Ich-bin-ein-Künstler-ohne-Werk-Blockade: Ja und? Leben ist kein Ponyhof. Der Kühlschrank will gefüllt sein und die Petition für einen 32-Stunden-Tag bei gleich bleibenden Anforderungen ist vorm höchsten Gericht gescheitert. Deswegen kann man trotzdem ein guter Autor sein, Schluss mit dem Selbstmitleid.
Universalheilmittel: Lesen. Fiktionales, Zeitungsartikel, Fachbuch, egal, her damit. Schreiben ist Handwerk. Wenn es gerade nicht fließt, kann ich die Zeit für interne Fortbildung nutzen und Lesen ist Fortbildung. Und wenn mir etwas sehr Gutes in die Hände fällt, falle ich höchstwahrscheinlich in eine der oben beschriebenen Blockaden und greife zum Notfall-Koffer.
Ups, ich habe eine Stunde geschrieben, das war eindeutig Küche-wischen-und-Kuchen-backen. Ich muss jetzt unbedingt was fertig kriegen... Schönen Tag!