Poldi

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Gruseln vor Mitternacht

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Erster Eindruck: Sechs Kurzgeschichten zum Schauern

Vor langer Zeit wurde im fernen Indien ein Fluch ausgestoßen, der immer weitere Kreise zog und schließlich im weit entfernten England seine Erfüllung findet. Doch auch mit einem unheimlichen Besucher, der unvermittelt vor der Haustür steht, einem Wanderer, der des Nachts seine Bahnen zieht, einem Gespenst, das eine ganze Burg in Angst und Schrecke versetzt und einer gespensterhaften schwarzen Rikscha muss man hier rechnen…

Vor 55 Jahren (!) wurde vom NDR eine Hörspielreihe für das Radioprogramm geschaffen, die mit kleinen Gruselgeschichten von etwa 20 Minuten Länge seine Hörer unterhalten hat. Diese sechsteilige Serie wurde „Gruseln vor Mitternacht“ getauft und war lange Zeit wie verschüttet – bis das Label Pidax-Film sie nun aus den Archiven geholt hat und auf MP3-CD zum ersten Mal veröffentlicht. Die Geschichten besitzen allesamt einen großen Charme, der aus der Andersartigkeit zu heutigen Produktionen resultiert. Hier wird oft nur ein leichter Grusel angedeutet, eine unheimliche Situation, wie man sie immer wieder erleben könnte. Daraus wird dann ein übernatürlich angehauchter Plot ersonnen, der aber immer eher vage bleibt und viel der Phantasie des Hörers überlässt. Dabei baut sich die Geschichte langsam auf, dringt immer weiter in die meist übernatürliche Situation vor, stärkt die unheimliche Stimmung. Ein wirklich heftiges Finale, wie man es aus modernen Produktionen kennt, kommt hier nicht vor, vielmehr klingen die einzelnen Episoden ruhig aus und hinterlassen ein wohliges Schauern. Schockeffekte, Überraschungsmomente oder Grusel mit dem Vorschlaghammer sucht man hier vergebens, dafür zeichnen sich die sechs Geschichten durch eine ruhige Grundstimmung und interessante Gedankengänge aus. Schön, dass diese kleine Hörspielreihe wieder erhältlich ist, das Reinhören lohnt sich in jedem Fall.

Auch die Sprecher muten für heutige Ohren seltsam an und klingen eher wie Theaterschauspieler. Heinz Piper beispielsweise spricht beispielsweise sehr energisch und neigt ein wenig zur Übertreibung, setzt seine Rolle in der Geschichte „Der Finger des Fakirs“ aber gut um. Auch Georg Eilert kann mit prägnanter Aussprache punkten und bemüht sich hörbar, eine gruselige Stimmung zu erzeugen. Verena Wiet steht in der letzten Geschichte „Die schwarze Rikscha“ im Mittelpunkt, sie kann dabei die Emotionen ihres Charakters treffend umsetzen. Weitere Sprecher sind unter anderem Katharina Schmitt, Hans Lothar und Hans Irle.

Auch die Musik ist typisch für die Hörspiele dieses Jahrzehnts und stattet die Geschichten mit schaurigen Klängen aus, die manchmal fast schon etwas lustig anmuten, im Gegensatz zu den Geschichten wird hier versucht, den Grusel deutlich nach vorne zu stellen. Das ist durchaus mal eine Abwechslung zu den auf Hochglanz produzierten heutigen Hörspielen, auf die Dauer ist diese Art Hörspiel aber recht anstrengend.

Das Cover zeigt ein gerahmtes Bild, das in Sepiatönen eine unheimliche Puppe zeigt. Die Augen geschlossen sitzt sie still da, das maskenhafte Gesicht dem Betrachter zugewandt. Trotz seiner Schlichtheit strahlt dieses Bild tatsächlich etwas sehr Unheimliches aus. Darum ist ein eher unübersichtliches Konstrukt aus einem braun gemusterten Hintergrund und verschiedenen Schriftbannern zu sehen. Hier ist nur ein einfaches Blatt als Cover eingelegt, die Informationen beschränken sich auf das Notwendigste.

Fazit: Sechs kleine Geschichten mit einfachen Ausgangspunkten, die einen leichten Grusel vermitteln und dabei viel der Phantasie des Hörers überlassen. Eine schöne Radiohörspielserie die hier geborgen wurde.

VÖ: 7.Juni 2013
Label: Pidax-Film
Bestellnummer: 4260158193061
 
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