Poldi

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Die Ferienbande – 7. jagt den verflucht dreckigen Schrat

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Erster Eindruck: Die unorthodoxeste Jugendbande live aus Berlin

Ein Zeltlager glücklich campierender Jugendlicher wird von einem unheimlichen Wesen angegriffen. Als die Ferienbande davon erfahren, wittern sie einen neuen Fall und machen sich auf den Weg zum Tatort – Bröckchen wohl eher in der Hoffnung, etwas zu Essen abstauben zu können. Dort angekommen treffen sie auf niemand geringeren als Kommissar Tappert. Die Verwunderung darüber, dass Tappert eigentlich schon gestorben ist, hält nicht lange an, und Hund Bambi bringt die vier Freunde dann auf eine heiße Spur – eine ziemlich dreckige Spur…

Unter einigen Hörspielhörern genießt die Ferienbande längst Kultstatus, so ungeniert und hemmungslos geht keine andere Serie mit den ans Heiligtum grenzenden Vorlagen der ganzen Jugenddetektivserien um. Ein weiterer Beweis dafür ist die Erfolgsbilanz der letzten Tour, deren Mitschnitt als siebte reguläre Folge der Ferienbande als „Die Ferienbande jagt den verflicht dreckigen Schrat“ veröffentlicht wurde. Hierauf kommt die sehr gute Stimmung des Publikums bestens herüber, ihr herzhaftes Lachen zieht sich durch die komplette Handlung, sodass man quasi bei dem Abend in Berlin mit dabei ist. Gleich zu Anfang leistet sich Erzähler Matthias Keller einen wunderbaren Versprecher, den er später genüsslich auskostet – ein sehr witziger Start und auch lobenswert, dass er nicht herausgeschnitten wurde, gerade das macht den Charme dieser Aufzeichnung aus. Allem haftet etwas leicht Chaotisches, Anarchisches an, selbst wenn das Sprecherteam perfekt aufeinander abgestimmt scheint. Da werden die großen Vorbilder hemmungslos durch den Kakao gezogen, zahlreiche Anspielungen auf das Medium Hörspiel gemacht und sogar einige Minuten lang verschiedene Damenschuhe mit verschiedenen Geräuschen versehen – herrlich komisch und immer wieder überraschend, so recht gewöhnt man sich anscheinend nie an den großartigen Humor. Und natürlich tauchen auch wieder allerlei skurrile Figuren auf, großmäulig, witzig und allesamt sehr präsent. Jeder bekommt hier seinen großen Auftritt, jedem wird genügend Aufmerksamkeit gewidmet, niemand gerät zu einer blassen Nebenfigur. Und so ganz nebenbei wird ein Fall erzählt, der es im Prinzip sogar mit einigen anderen Produktionen aufnehmen kann, auch wenn er ohne den Witz, das Andersartige und das ganze Brimborium produziert worden wäre. Und tatsächlich wird hier in einer Szene ein Hauch unheimlicher Atmosphäre gewidmet – natürlich nur, um gleich darauf wieder das reinste Hörspielchaos ausbrechen zu lassen. Beachtlich auch, wie geschickt das Dialogbuch geschrieben wurde: Hat ein Sprecher einer Hauptrolle gerade wegen der Mehrfachbesetzungen einen weiteren Auftritt, verschwindet der eine Charakter mal eben unauffällig – zum Beispiel im Keller des Zeltes – sodass sich ganz auf die Nebenrolle konzentriert werden kann. Der Witz scheint den Machern Kai und Sven nie auszugehen, und so lässt sich auch diese Folge mit einem einzigen Wort zusammenfassen: Großartig!

Vierzehn Rollen und gerade einmal vier Sprecher – die Schauspieler haben hier einiges zu tun, Pausen sind ihnen kaum gegönnt. Der bereits oben erwähnte Matthias Keller ist so nicht nur als Erzähler, sondern auch als Tappert zu hören. Er verbreitet als Erzähler mit seiner humorvollen Stimme viel leisen Witz und eine sehr positive Grundstimmung, während er als Tappert richtig aufdreht und sich mit einer parodistischen Leistung in den Mittelpunkt stellt. Chris Peters spricht die Rolle der Babsi stets mit einer leicht quäkenden Stimme, bringt ihre Gags auf den Punkt und hat ein verlässliches Gespür für das richtige Timing. Ganze fünf verschiedene Rollen spricht Kai Schwind, darunter auch die Hauptfigur Baul. Er verstellt seine Stimme sehr stark und betont damit den humoristischen Charakter, gleitet auch mal gern ins Alberne ab (wunderbar als Zörp!) und zeigt eine beeindruckende Präsenz. Ebenso viele Rollen übernimmt Sven Buchholz, darunter auch zwei Hauptrollen, Bernd früher genannt Beate sowie Bröckchen. Spielerisch wechselt er zwischen den Rollen hin und her und verleiht jedem einen ganz individuellen, unverwechselbaren Anstrich. Eine akrobatische Leistung, zwischen dem angeberischen Bernd und dem dümmlich verfressenen Bröckchen so schnell springen zu können.

Wer gedacht hätte, die vier verlassen sich hier nur auf ihre Stimmen, der irrt. Zahlreiche Geräusche werden live auf der Bühne produziert, andere werden vom Band eingespielt – gern auch mal die absichtlich falschen, um für einen weiteren Gag zu sorgen. Und auch Musik gibt es ab und an, natürlich nicht ohne auch hierfür eine passende Erklärung oder einen witzigen Kommentar zu finden. So wirkt alles sehr lebendig und abwechslungsreich, und zugleich kann das Genre Jugendhörspiel noch einmal mehr auf die Schippe genommen werden.

Und auch bei der Aufmachung kann man nur Gutes berichten. Die zwei CDs sind in einem stabilen Digipack aus dicker Pappe verpackt, das auf dem Cover vor schwarzem Hintergrund nicht nur das witzige Logo der Ferienbande zeigt, sondern auch ein schwarz-weiß Szenenfoto. Als Klappentext gibt es eine ausführliche Einführung, die ebenfalls sehr witzig geschrieben wurde. Das Innere ist mit zahlreichen Fotos des Auftritts gespickt, hinter den CDs findet sich sogar noch eine Trackliste. Und es gibt sogar noch zwei Bonuskapitel, die aus anderen Städten aufgezeichnet wurden.

Fazit: Die Ferienbande in einer weiteren rotzigen, komischen und sehr kurzweiligen Folge, die an allen Ecken und Enden vor witzigen Sprüchen und Situationen nur so strotzt. Der flüssige Erzählstil und die vielen wechselnden Figuren sorgen für Abwechslung, während die gut miteinander harmonierenden Sprecher und das gut gelaunte Publikum für eine gelöste Atmosphäre sorgen. Eine sehr gute Produktion, die richtig Spaß macht.

VÖ: 20.September 2013
Label: WortArt
Bestellnummer: 978-3-941082-59-5
 
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