SeGreeeen

Kaaaaarakaluuuuuuuhhhh!!!!
Teammitglied
Eigentlich wirkte alles normal, als ich das Amt betrat. Die Menschen saßen gelangweilt auf ihren Wartezimmerstühlen, die Gänge waren grau in grau. Nur ab und zu hallte eine Stimme durch den Gang, oder besser durch die Gänge, die „Der Nächste!“ rief. Aber so ist das nun einmal in Ämtern. Ich war hier um mir irgendeine Bescheinigung zu holen, aber welche genau das war, weiß ich auch nicht mehr. Vermutlich eine Bestätigung. Ist schon länger her, und mein Gedächtnis nicht das beste.

Sicher ist, dass dieser Besuch mein Leben nachhaltig verändert hat. Ich saß nur da und wartete, starrte die Uhr an. Ich spielte früher oft ein Spiel, das ging so: Ich schloss meine Augen und zählte, merkte mir aber vorher die Position des Sekundenzeigers. Ich zählte bis Sechzig und versuchte genau im Sekundentakt zu zählen. Wenn ich es schaffte – was leider so gut wie nie vorkam – befand sich der Zeiger, wenn ich die Augen wieder öffnete, an der genau selben stelle wie zuvor.
Oft verging so die Zeit schneller, als wenn man einfach nur wartete. Um mich herum saßen nur gelangweilte Gesichter. Sie starrten ebenfalls auf die Uhr oder in ihre Zeitschriften. Was für ein Schund auch immer das war, den sie da lasen, das Amt hat einige Ständer mit Wochenblättern.
Die Zeit verging nicht. Ich starrte den Sekundenzeiger an. Der Sekundenzeiger starrte mich an. Ich zählte bis Sechzig. Der Sekundenzeiger zähle bis Sechzig. Ich war schneller. Verdammt.

Eines Tages wurde ich aufgerufen und betrat das Büro.

Es war langweilig eingerichtet. Das langweilige Licht strahlte langweilig durch die gelangweilten Fenster auf einen gelangweilten Mann, dessen gelangweilte Augen sich gelangweilt in meine Richtung bewegten als ich, ebenfalls gelangweilt, eintrat.
Das Gespräch verlief eigentlich normal und ich kann mich an den Großteil nicht mehr erinnern. Nur einige Stellen stechen hervor, die ich noch gut in Erinnerung habe. Aber nicht freiwillig, verstehen Sie? Ich kann diese Momente nicht vergessen. Das ist ein Unterschied. Es waren üble Vorboten.

Denn inzwischen der gelangweilten Wörter des Mannes, schien ein anderer in ihm zu erwachen, ich glaubte einen jüngeren zu sehen, eines frischen, munteren Mann. Aber immer nur für den Bruchteil einer Sekunde. Einen Augenblick. Dann war er wieder grau in grau. Und ich bildete mir ein in diesen Momenten sprach er zu mir durch seine Augen, er schien zu sagen „Ich bin nicht freiwillig hier“, immer wieder, „ich bin nicht freiwillig hier, ich bin nicht freiwillig hier“. Und dann schien die Welt plötzlich zu flackern, der gelangweilte Mann vor mir verschwand, samt dem gelangweilten Büro und ein junger Mann mit eisernen Fesseln um Hals, Arme und Beine saß vor mir, angekettet an die Wand des Büros, wie ein junger Hund den man in einem Zwinger hielt. Ich schreckte zusammen. Und dann war er wieder verschwunden, war wieder der gelangweilte ältere, der mir ein Blatt Papier vor die Nase hielt. Das Bild ging mir nicht aus dem Kopf, ich wusste nicht, wo ich war, was ich gerade gesehen hatte. „Unterschreiben Sie bitte hier.“ sagte der gelangweilte Mann. Also unterschrieb ich. Und dachte, zumindest in diesem Moment, nicht weiter darüber nach. Dazu würde ich später noch sehr viel Zeit haben.

Natürlich glaubte ich, mir das alles nur einzubilden, als ich das Amt verlassen wollte. Und jetzt bin ich immer noch hier. Ich bin nicht freiwillig hier und meine Pause ist nun zu Ende.

Einen Rat, möchte ich Ihnen allerdings noch mit auf den Weg geben: Denken Sie nach bevor Sie etwas unterschreiben.

„Der Nächste!“


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Entstanden an einem langweiligen Abend. Basiert auf keiner wahren Begebenheit. Es war auch erst ein Supermarkt, dann dachte ich ein Amt passt eigentlich doch besser ;D. Würde mich freuen, wenn jemand Rechtschreibfehler findet, dass man mir einfach eine PN schreibt mit dem Fehler/den Fehlern, damit ich sie ausbessern kann. Weil wie ich mich kenne, sind da bestimmt ein Paar drinnen versteckt ;).

Hoffe es hat euch gefallen.

Lg Felix
 
Zuletzt bearbeitet:

Corlanus

Cutter - zur Zeit in Auszeit
Eine bedrückende und gleichzeitig tolle Geschichte. Und sehr stimmig, wie ich finde. Da kann man bestimmt eine sehr atmosphärische Lesung draus machen.
 

Marco

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Sprechprobe
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Gefällt mir, lässt sich auch (nach Korrektur) gut lesen und ggf. auch einsprechen. Leider habe ich hier nichts zum Einsprechen, sonst hätte ich das gerne als Übungstext genommen :)
 

schaldek

Mitglied
Teammitglied
Interessante Sache das...
Erinnerte mich etwas an Deinen Shorty "Rosita".
Nicht begreifbar, aber emotional fesselnd, genau was ich mag.:)
 
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